Das Ziel eines Autors – „Jede Art zu schreiben ist erlaubt, nur nicht die langweilige“ (Voltaire)

Gestern hat mich jemand gefragt, ob ich denn jetzt, wo ich mein erstes Buch veröffentlicht habe, zufrieden wäre. Ob mein Ziel erreicht wäre.

Ich hab die dreiste Fragenstellerin für drei Minuten stumm angestarrt und dann ein ausdrucksstarkes „Ähh …“ zustande gebracht.

Ob mein Ziel erreicht wäre. Das war die falsche Frage. Die richtige wäre gewesen: Was ist dein Ziel?/War dein Ziel/ Könnte dein Ziel werden?

Die Frage hat mich beschäftigt und ich muss offen sagen, dass ich immer dachte, ich wüsste genau, was mein Ziel war: Endlich das Buch veröffentlichen und dann weitersehen. Nur … der „weitersehen“-Part birgt einige Probleme bei meiner Zielformulierung. Worauf steuere ich eigentlich zu? Oder warum mache ich das, was ich tue?

Was also ist eigentlich das Ziel eines Autors?

Von Anderen gelesen werden

„Wenn ein Autor behauptet, sein Leserkreis habe sich verdoppelt, liegt der Verdacht nahe, dass der Mann geheiratet hat.“

(William Beaverbrook (1879 – 1964), engl. Politiker und Zeitungsverleger)

„Das Ziel des Schreibens ist es, andere sehen zu machen.“

(Joseph Conrad (1857-1924), brit.-poln. Autor)

Natürlich möchte ein Autor, dass seine Werke von mehr Leuten als von seiner Familie und seinen engsten Freunden gelesen (und selbstverständlich auch gemocht) werden. Man möchte unterhalten!

Fremde Menschen erreichen und sie zum Lachen, Weinen und Nachdenken anregen – das ist das, was ich mir wünsche. Je weniger ich den Menschen kenne, desto besser. Das war letztendlich auch der Grund, warum ich überhaupt mit dem Schreiben angefangen habe. Ich habe für mein Leben gerne gelesen und war fasziniert davon, was einfache Worte in einem bewirken können. Menschen beeinflussen Menschen – meist, ohne dass sie es selbst merken. Als Autor ist man Teil von dem Leben anderer – ohne dass ihnen oder ihm selbst das vollkommen bewusst wäre.

 

Reich und Berühmt werden

„Erfolg hat drei Buchstaben: TUN“

(Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832), dt. Dichter und Schriftsteller)

Als ich vierzehn war hat meine Mutter mich gefragt, warum ich denn lieber berühmte Autorin, anstatt beispielsweise berühmte Sängerin werden würde. Meine Antwort war einfach: „Als Autor kann man berühmt und reich werden, ohne dass Menschen einen stalken, auf der Straße erkennen und ständig anschreien!“

Nun, bevor das Ziel direkt „berühmt und reich werden“ heißt, sollte man vielleicht erst einmal einen Schritt zurück machen.

Erstes, bescheideneres – und trotzdem genauso hoch gegriffenes – Ziel:

Vom Schreiben leben können.

Es gibt kaum Autoren, die sich vom Schreiben mehr als den monatlichen Benzinverbrauch bezahlen können. Erfolg wird an Geld gemessen und das setzt Autoren ganz schön unter Druck.

Wenn sie jetzt keine 200 Bücher im ersten halben Jahr verkaufen – haben sie dann versagt? Ist ihr Ziel dann missglückt?

Merkwürdigerweise ist das auch immer die erste Frage, die Menschen, denen ich begegne, stellen: „Und? Wie viele Bücher hast du denn jetzt schon verkauft? Wirst du jetzt reich?“

Die Lachanfälle, die ich aufgrund dieser Frage bekommen habe, kann ich nicht mehr an meinen Fingern abzählen. Ich meine immer nur: „Klar, bin ich reich! Das ist die grundlegende Regel, wenn man ein Buch veröffentlicht! Ich verstecke meine Millionen nur unter meinem Bett, damit keiner von meinen Freunden plötzlich verlangt, dass ich ihnen die Anzahlung auf ein Einfamilienhaus vorstrecken soll!“

Für Menschen, die Sarkasmus nicht verstehen: NEIN! Von einem veröffentlichten Buch wird man über Nacht nicht reich (Wer hätte das ahnen sollen …). Aber das ist auch ganz sicherlich nicht mein direktes Ziel. Es wäre ein Traum, vom Schreiben leben zu können (das mit dem reich und berühmt werden lasse ich jetzt mal außen vor), aber eigentlich ist das Ziel, was bei mir immer am schwersten gewogen hat, der nächste Punkt:

Sich selbst verwirklichen

„Schreiben ist eine köstliche Sache; nicht mehr länger man selbst zu sein, sich aber in einem Universum bewegen, das man selbst erschaffen hat.“

(Gustave Flaubert (1821 – 1880), französischer Erzähler und Novelist)

„Wir finden in den Büchern immer nur uns selbst. Komisch, dass dann allemal die Freude groß ist und wir den Autor zum Genie erklären.“

(Thomas Mann (1875 – 1955), dt. Schriftsteller)

Sich fallen lassen, für ein paar Stunden aus der Realität fliehen und in eine andere, nicht unbedingt bessere, aber in eine Welt mit größeren Möglichkeiten verschwinden. Mich selbst mit dem was ich tue begeistern. Wie könnte ich von Menschen verlangen, etwas von mir zu lesen, wenn ich selbst nicht dahinter stehe? Wenn ich nicht selbst über meine Witze lache und über meine Einfälle sinniere?

Bevor man sich auf die Leser konzentrieren kann, muss man erst einmal sich selbst in dem Buch wiederfinden. Denn wenn man sich selbst nicht im Buch findet, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sich auch niemand anderes dort erkennen kann.

Also, was war jetzt noch gleich das Ziel!?

Vielleicht ist das Schreiben wie dieser Spruch von Konfuzius, den alle Therapeuten bei sich rumstehen haben: „Der Weg ist das Ziel“. Denn eigentlich gibt es in meinem Leben als Autorin kein direktes „Zufriedenheitsgefühl“. Ist die eine Geschichte vorbei, dann wartet um die Ecke bereits die nächste. Ich bin glücklich, wenn ich ein Buch beendet habe – obwohl ich gleichzeitig weiß, dass das Buch nie beendet sein wird. Denn egal wie oft man seine Geschichten liest, umschreibt und umwirft. Ein Werk ist eigentlich nie vollkommen fertig gestellt. Also was ist das Ziel?

Über mich hinauswachsen, Menschen berühren und erreichen und auf dem Weg dorthin eine Menge über mich selbst mitnehmen. Denn seien wir ehrlich: Ein Autor, der nicht dauernd neue Dinge über sich selbst lernt, kann auch nicht andauernd neue Dinge in Romane verpacken.

Aber eigentlich bräuchte ich gar kein Ziel, um zu schreiben. Ich muss es so oder so tun – ansonsten würde ich schlichtweg platzen! Und wer macht diese Sauerei dann weg!?

„You fail only if you stop writing.“

(Ray Bradbury (1920-2012), amerik. Schriftsteller)

Aber was ist euer Ziel? Was sollte das Ziel eines Autors sein?

Start und Ziel

Bildquelle: http://www.adpic.de/lizenzfreie_bilder/suche/adpic/Start_und_Ziel_107079.html

Ein Gedanke zu “Das Ziel eines Autors – „Jede Art zu schreiben ist erlaubt, nur nicht die langweilige“ (Voltaire)

  1. Ich möchte die Geschichte schreiben, die mir am Herzen liegt und damit Leser bewegen, nicht im Sinne der breiten Masse, aber mein Ziel ist eine kleine, aber feine Leserschaft, die mit meinem Werk etwas anfangen kann :-). Primäres Ziel ist allerdings, erstmal fertig zu werden 😀

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