Touchdown für Avery – Leseprobe

KAPITEL 1

AVERY

Ich hasste Clubs.

Ich hasste die schäbigen Theken. Ich hasste die Massen an Erdnussschälchen, die unhygienischer als das Reifenprofil eines benutzten Geländewagens waren. Ich hasste die desaströs kurzen Kerzenstummel auf den Tischen, denn sie stellten eine unnötige Brandgefahr dar. Am allermeisten jedoch hasste ich die dröhnende Musik aus den Lautsprechern, die mich stark an die Töne erinnerte, die eine Pfanne und ein Bass während einer innigen Liebesnacht von sich geben würden.

Abgesehen davon fühlte ich mich in etwa so fehl am Platz wie ein Donut im Gemüsegarten.

Aber ich hatte mein Leben lang nirgendwo richtig hingepasst, es wunderte mich also nicht, dass es hier nicht anders war.

Mein Blick schweifte zu der Tanzfläche und den Emporen, auf denen diverse Frauen in Käfigen tanzten und sich an den Eisenstangen räkelten. Mich überkam das starke Verlangen, sofort umzukehren und eine Flasche reines Ethanol aus dem Labor neben meinem Hörsaal zu holen. Nur, um die Käfigstangen zu desinfizieren. Damit würde ich einigen Krankheiten vorbeugen.

Ja, unter normalen Umständen hätte ich nie einen Fuß in dieses reizende Etablissement gesetzt. Doch ich war nicht aus Spaß hier. Ich war hier, um meine Ehre zu verteidigen. Also riss ich mich am Riemen, atmete tief die stickige Luft ein und drängte mich in die Menge. Je schneller ich meinen Plan umsetzte, desto eher konnte ich wieder gehen. Wenn ich Glück hatte, war ich innerhalb von zehn Minuten wieder draußen. Ich meine, wie lang konnte es schon dauern, einen – wie würde Liv es ausdrücken? – heißen Dummbeutel zu verführen.

Oje. Alles an diesem Satz hörte sich verwerflich an.

Schweiß sammelte sich in meinen Handflächen und die stickige Luft schien auf einmal drückend heiß. Dennoch schloss ich auch noch den letzten Knopf meiner hochgeschlossenen, weißen Bluse, denn ein Mann mit Gesichts-Tattoo sah neugierig zu mir herüber. Ich wollte zwar jemand für mich absolut Unpassenden abschleppen, aber Männer, die sich einen Football für die Ewigkeit auf die Wange stechen ließen, waren dann doch zu viel des Guten.

Nein, wenn ich das hier schon tun musste, dann würde ich jemanden wählen, den ich auch attraktiv fand. Der wusste, dass Rhythmus mit zwei H geschrieben wurde und die Gurke eine Beere war. Na gut, letzteres war optional. Ein Mann, der mit dem Alphabet vertraut war und „Danke“ während eines Gesprächs nicht mit thx abkürzte, würde mir reichen.

„Dann mal los, Avery“, sprach ich mir selbst Mut zu, atmete ein letztes Mal tief durch und drängte mich tiefer ins Geschehen. Die gierige Masse verschluckte mich sofort und ich hielt zwanghaft das Kinn oben, um die Orientierung in diesem Haufen aus tanzenden Körpern nicht zu verlieren. Eigentlich mochte ich Menschengedränge überhaupt nicht, aber was tat man nicht alles, um seinen Freundinnen zu beweisen, dass man weder prüde noch langweilig war?

Ich verengte die Augen und sah mich um. Ich suchte jemanden mit breitem Kreuz, der aussah, als würde er sich beruflich prügeln und unförmige Bälle über ein viel zu großes Feld werfen. Jemanden, der vielleicht allein und so leichter anzusprechen war.

Jemanden wie … ihn dort.

Mein Blick blieb an einem ansehnlichen Rücken hängen, über den sich ein weißes T-Shirt spannte. Gebräunte, muskulöse Oberarme waren zu erkennen und dunkles Haar kräuselte sich in dem fremden Nacken.

Aber hallo! Das war bestimmt ein Footballspieler! Liv hatte mir versichert, dass hier andauernd Spieler der San Antonio Dolphins oder Bears oder Tigers, oder wie sie auch hießen, herumhingen. Der dunkelhaarige Kerl sah genau aus wie einer dieser auf dem Feld herumtollenden Neandertaler, für die Liv eine Schwäche entwickelt hatte. Und sie musste es wissen, denn erstens hatte sie mal hier gearbeitet und zweitens war sie mit so einem Hünen mit Gottkomplex zusammen.

Ich streckte den Rücken durch, strich mir den Bleistiftrock glatt und ging geradewegs auf den Mann zu. Er trank ein Bier und hielt den Blick auf einen Bildschirm über der Bar geheftet, der gerade ein Eishockeyspiel zeigte. Ab und zu machte er rüde Gesten in Richtung des Fernsehers.

Wundervoll! Er schien erfrischend primitiv und überragte mich um einen Kopf, auch wenn er auf einem Barhocker saß. Genau das, was ich suchte.

„Entschuldigen Sie?“, sagte ich vorsichtig und tippte ihm mit dem Zeigefinger auf die Schulter. „Sind Sie Footballspieler?“

Der große Mann wandte sich zu mir um. Abrupt zog mein Magen sich zusammen und ich machte überrascht einen Schritt zurück.

Heilige Marie Curie! Ich hatte die richtige Wahl getroffen. Der Kerl war schlichtweg wunderschön. Ein symmetrisches Gesicht, ein gepflegter Dreitagebart, ein scharf geschnittener Kiefer, durchdringend graue Augen … die zugegebenermaßen düster dreinblickten. Aber vielleicht verlor seine Lieblingsmannschaft ja gerade. Dieser Umstand konnte Männer in qualvolles Elend stoßen, hatte ich gehört.

Trotz der dunklen Ausstrahlung wirkte er irgendwie stoisch. Eine Augenbraue gehoben, die gebräunten Unterarme auf der dreckigen Theke abgelegt. Wie ein Krieger – der seine Talente wahrscheinlich an eine dämliche Sportart verschwendete.

„Was haben Sie gesagt?“, fragte er über die laute Musik hinweg. Seine Stimme war dunkel und rau und mein Herz hüpfte ein Stück höher. Faszinierend. Normalerweise sprang ich nur auf intellektuelle Reize an – so wie auf eine kontroverse Debatte oder einen gut recherchierten Monolog –, aber offenbar war mein Körper noch nicht so eingestaubt wie gedacht.

Mit flatterndem Magen räusperte ich mich. „Sind Sie Sportler?“, wiederholte ich.

Er gab ein unbestimmtes Brummen von sich, das ich nicht ganz als Ja oder Nein identifizieren konnte, deswegen hakte ich noch einmal nach.

„Könnten Sie mir einfach Ihren Namen nennen? Dann kann ich im Internet danach recherchieren.“

Er schüttelte den Kopf, wandte aber dem Fernsehbildschirm endgültig den Rücken zu. Das war ein gutes Zeichen, oder?

„Was macht es für einen Unterschied, ob ich Sportler bin oder nicht?“, wollte er wissen und nahm einen Schluck aus seiner Bierflasche. Kein Ring an seinem Finger. Ebenfalls ein gutes Zeichen. Ich war hier, um Liv und Emmi – und vielleicht auch mir selbst – etwas zu beweisen, nicht, um eine Ehe zu zerstören.

„Nun, wenn Sie Sportler wären, hätte ich Sie gefragt, ob Sie mit mir schlafen wollen.“

Er verschluckte sich und prustete das Bier auf den Boden.

Unsicher hob ich die Schultern. Männer von seinem Kaliber wurden doch sicher mit solchen Angeboten überhäuft. Warum sah er mich dann an, als würde mir ein drittes Nasenloch wachsen?

„Also, sind Sie einer?“, fragte ich noch einmal laut und versuchte meine Stimme vom Zittern abzuhalten. „Ich hoffe sehr. Denn Sie sind absurd attraktiv und würden mich meinem Ziel ein Stück näher bringen.“

Der Kerl schlug sich mit der Faust auf die Brust und hustete einmal, bevor er fragte: „Und was zur Hölle ist dieses Ziel, wenn ich fragen darf?“

„Ich will meinen Freundinnen beweisen, dass ich verantwortungslos, spontan und … ein wenig verrückt sein kann.“ Und dass ich Sex sehr wohl nur aus Spaß haben kann.

Er hob eine Augenbraue und ließ seinen Blick von meiner hochgeschlossenen Bluse bis zu meinem langweiligen Rock gleiten. „Aha“, sagte er trocken. „So sehen Sie aus.“

Ach, Mist. War es so offensichtlich, dass ich die Nachrichten einer heißen Nacht mit einem Fremden vorzog? Ich hätte doch das dumme Cocktailkleid anziehen sollen, das Liv mir hatte aufschwatzen wollen. Doch ich hatte beweisen wollen, dass ich sexy und aufregend sein konnte. Keine verkleidete Version meiner Selbst.

Verlegen öffnete ich den obersten Knopf meiner Bluse, auch wenn es mir verdammt unangenehm war, wie eingängig er meinen Körper studierte. Normalerweise interessierte sich nämlich kein Schwein dafür.

„Sie haben mir immer noch nicht gesagt, ob Sie Sportler sind.“

„Warum muss es ein Sportler sein, mit dem Sie Sex haben?“

Nervös strich ich meine glatten Haare hinter die Ohren und kämmte meinen Pony mit den Fingern. Dieser Typ stellte wirklich mehr Fragen als erwartet.

Jetzt spürte ich auch noch, wie meine Wangen rot anliefen. Als würde ich mich nicht bereits genug zum Affen machen.

Herrgott, ich war eine emanzipierte Frau. Ich hatte einen verdammten Doktortitel! Ich durfte genauso offen über Sex reden, wie es jeder Kerl tat.

„Nun, ein gewöhnlicher Mann würde es, denke ich, wohl auch tun“, überlegte ich laut und versuchte die Fassung zu wahren. „Aber ein Sportler, der einen gewisses Maß an Bekanntheit besitzt, wäre doch weitaus dramatischer und effektiver, finden Sie nicht?“

„Ein gewisses Maß an Bekanntheit?“ Er schnaubte. „Sie wollten meinen Namen googeln, um zu wissen, ob ich berühmt bin. Wie bekannt kann ich da schon sein?“

Das war ein guter Punkt – aber definitiv nicht seine Schuld. „Ich habe da ein paar Wissenslücken“, sagte ich und versuchte mich an einem charmanten Lächeln. „Aber das müssen Sie entschuldigen. Ich interessiere mich nicht für Sport. Aber meine Freundinnen, die mich hierzu herausgefordert haben, sind große Fans der San Antonio Tigers …“ Die eine war mit einem Spieler zusammen, der anderen gehörte schlichtweg die Mannschaft. „… und sie würden es sicher wertschätzen, wenn ich einen der Spieler als mein kleines Abenteuer auswählte.“

Am wichtigsten jedoch war: Sie würden es mitbekommen und endlich mit ihren dummen Kommentaren aufhören!

„Lions“, sagte er grob.

Verwirrt blinzelte ich ihn an. „Wie bitte?“

„Es sind die San Antonio Lions.“

Wie absolut albern. „Also sind Sie wirklich ein Spieler?“, fragte ich mit neuer Hoffnung.

„Jeder hier in San Antonio wüsste, dass es die Lions sind, Lady. Egal, ob Spieler oder nicht.“

„Ja, ich hab es wohl schon mal gehört. Aber wie gesagt, meine …“

„Wissenslücken, natürlich.“ Der Mann stellte die Bierflasche ab und verschränkte die Arme, bevor er mich skeptisch musterte.

Halleluja, hatte es die Muskeln im Ausverkauf gegeben oder warum besaß er so viele davon?

Mein Herz flatterte nervös, denn ehrlich gesagt sah er mich an, als versuche er zu ergründen, ob ich ihn auf den Arm nahm oder nicht.

„Also, ich fasse noch einmal zusammen“, sagte der Vielleicht-Footballspieler langsam. „Sie suchen einen heißen Sportler, mit dem Sie eine einzigartige Nacht verbringen können, um Ihren Freundinnen zu beweisen, dass Sie nicht zugeknöpft und langweilig sind – so wie es Ihre Kleidung suggeriert?“

Hey! Das war wirklich unnötig angriffslustig. Doch wenn ich ihm eine schnippische Antwort gab, verspielte ich mir womöglich die Chance auf eine Nacht mit diesem Mann – und er kannte das Wort suggerieren. Das fand ich ziemlich heiß. Möglicherweise war er für einen Sportler überdurchschnittlich intelligent. Oder er hatte es auf einer Cornflakes-Packung gelesen. „So ungefähr, ja. Ich bin nur auf der Suche nach einem Abenteuer“, stellte ich klar.

„Mhm. Abenteuer.“ Er klang immer noch misstrauisch. „Und wenn ich nun Sportler wäre und beschließe, bei Ihrem wahnsinnigen Plan mitzumachen. Was würde für mich dabei herausspringen?“

Verblüfft öffnete ich den Mund. Er hatte schon verstanden, dass ich Sex mit ihm haben wollte, oder? Das sollte einem Primitivling wie ihm doch genügen! „Nun … mein Körper und meine sexuellen Dienste, schätze ich.“

Er verzog unbeeindruckt das Gesicht. „Ich habe keine Probleme damit, eine Frau zu finden, die mir ihre sexuellen Dienste …“ Er betonte dieses Wort übermäßig genau. „… anbietet. Was macht Sie besser als ein blondes Groupie, das ehrlich gesagt weniger anstrengend ist als Sie?“

Yes, Jackpot. Er war also doch ein Sportler! Automatisch richtete ich mich gerader auf. Ich wollte beweisen, dass ich nicht prüde und verklemmt war – und ich wollte ihn. Testosterongesteuert und ein wenig rau. Ein Neandertaler eben. Die Art von Mann, um die ich normalerweise einen weiten Bogen machte.

„Nun, mir wurde gesagt, dass ich sehr gut im Bett bin.“ Schön, das war eine leichte Übertreibung. Mein einziger Ex-Freund hatte lediglich mal erwähnt, dass ich schöne Geräusche während des Aktes von mir gab. Aber jetzt war nicht der Zeitpunkt, sich mit Kleinigkeiten aufzuhalten.

„Tatsächlich?“ Der Spieler sah nicht überzeugt aus.

„Ja.“ Ich nickte fest. „Außerdem könnte ich vor dem Sex einen intellektuellen Austausch über eine Reihe von neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen anbieten. Oder, falls Sie Angst vor der Herausforderung eines vernünftigen Dialogs haben, einen Vortrag halten.“

Einige Sekunden lang starrte der dunkelhaarige Mann mich mit offenem Mund an … dann fing er leise an zu lachen. Die dunklen Töne trieben mir eine Gänsehaut den Nacken hinauf, doch ich bewegte mich nicht. Lachte der Blödmann mich aus?

„Sie sind wirklich eine Meisterin des Vorspiels, oder?“, bemerkte der Spieler amüsiert. „Ihr Dirty Talk lässt mein Herz stillstehen.“

Mist, er hatte recht. Ich benahm mich absolut albern. Denn wenn ich ehrlich war, hatte ich keine Ahnung, was ich eigentlich tat!

Das hier sollte nicht so schwer sein. In meiner Vorstellung war jeder der Männer, die ich angesprochen hatte, bereitwillig aufgestanden, um mich in seine Höhle zu entführen.

Aber noch war ich nicht bereit, aufzugeben. Ich brauchte das hier. Mein ganzes Leben lang war ich das schüchterne, etwas zu kluge und merkwürdige Mädchen gewesen – und ich ertrug es nicht länger, diesen Titel zu tragen.

Wieder räusperte ich mich. So wie ich es tat, wenn ich mir in einem vollen Hörsaal Respekt erbat.

„Nun, ich bin vielleicht nicht ganz so freizügig und erfahren im Bett wie eines der erwähnten Groupies, aber … das mache ich mit einer Menge Enthusiasmus wieder wett.“

Interessiert beugte der Mann sich vor, sodass sein Gesicht nur noch zwei Handbreit von meinem entfernt war. Er roch nach Regen und Mann und ein Kloß arbeitete sich meinen Hals hinauf. „Ist das so?“

„Ja“, sagte ich steif. „Mir gefällt Sex. Sehr.“

„Wem nicht?“

Darauf hatte ich leider auch keine Antwort – und das schien er zu merken.

Er seufzte. „Hören Sie, Lady. Es ist ja nicht so, dass ich mich von Ihrem Vorschlag nicht geehrt fühlen würde, aber …“

„Ich kann einen Spagat“, unterbrach ich ihn hastig. Es wurde Zeit, die großen Geschütze aufzufahren. „Und einen Handstand.“ Ich machte eine Menge Yoga, das half mir, wenn ich bei einer meiner wissenschaftlichen Arbeiten nicht weiterkam.

„Das ist wirklich beeindruckend, Ihre Eltern sind bestimmt stolz, nur …“

Ich schnaubte laut. Mein Vater hatte mich mein ganzes Leben lang so gut es ging ignoriert und meine Mutter sich nicht ganz so heimlich ein normales Kind gewünscht. Das Wort stolz war sicherlich nie aus dem Mund meiner Eltern gekommen. „Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, was für eine interessante Abwechslung ich darstelle?“, sagte ich eindringlich und öffnete noch einen Knopf meiner Bluse. Jetzt oder nie. „Ich bin eine renommierte Biologin. Möglicherweise die Beste in meinem Feld. Ich bin Professorin an der University of Texas. Ich biete einen hohen Unterhaltungswert und bin nicht unbegabt darin, komplexe Strukturen auf das Niveau eines … nun, normalen Menschen herunterzubrechen. Ich könnte eine echte, wenn auch auf diese Nacht beschränkte Bereicherung Ihres Lebenslaufes darstellen. Sicher hat noch keiner Ihrer Teamkollegen mit einer Wissenschaftlerin geschlafen. Dass könnte Sie in ihrer Hackordnung weiter nach oben befördern.“

Der Mann hob die Schultern. „Footballspieler sind keine Hühner. Wir haben keine Hackordnung.“

Oh, bitte! Ich hatte meine Doktorarbeit über das Sozialverhalten von Primaten geschrieben. „Mit allem Respekt, das bezweifle ich stark. Männer in großen Gruppierungen entwickeln auf Dauer eine Rangordnung anhand ihrer Stärke und Intelligenz. Und sexuelle Errungenschaften spielen dort eine wichtige Rolle.“

„Sexuelle Errungenschaften … meine Güte, Lady. Mit jedem Ihrer Worte wird mir heißer.“

Er sagte das in einer desinteressierten, trockenen Stimme, doch ich hatte sehr wohl bemerkt, wie sein Blick zu meinen Fingern hinuntergehuscht war, mit denen ich einen weiteren Knopf öffnete. Als würde ihm ein Blick auf meine Brüste bei der Entscheidung helfen, ob er nun mit mir schlafen sollte oder nicht.

Nervös zupfte ich die Bluse glatt. So viel Aufmerksamkeit wie in den letzten zwei Minuten hatten meine Brüste noch nie bekommen. Verständlicherweise, denn sie waren wirklich kein außergewöhnliches Paar. „Okay, machen wir einen Schritt zurück: Wie heißen Sie?“, wollte ich wissen. Vielleicht musste der Kerl erst eine emotionale Bindung zu mir aufbauen, bevor wir zusammen ins Bett hüpfen konnten.

Die Mundwinkel meines Gegenübers zuckten. „Sie wissen es wirklich nicht, oder?“

„Natürlich nicht“, sagte ich irritiert. „Sonst würde ich doch nicht fragen.“

„Ich bin Dean Rodriguez.“

„Oh, Sie kommen aus Kuba?“

„Kanada. Aber nah dran.“

„Nun, ich dachte nur, weil der Name bekanntlich …“

„Mein Großvater kommt aus Kuba, aber mir ist nichts weiter als der Nachname geblieben.“

„Das ist sehr schade. Spanisch ist eine nützliche Sprache.“

„Und ich Dummkopf habe Französisch gelernt“, meinte er seufzend. „Wie heißen Sie?“

„Dr. Avery Nolan.“

Er runzelte die Stirn. „Wieso kommt mir der Name bekannt vor?“

Ich zog eine Grimasse. Ich hätte auf meinen Nachnamen verzichten sollen. „Ich war möglicherweise vor ein paar Tagen in der Zeitung, weil ich …“

„Sie sind die Frau, die dem Gürteltier das Leben gerettet hat!“, meinte er plötzlich und seine Miene erhellte sich. „Sie wurden als Ritterin mit goldenem Kittel bezeichnet. Haben Sie dem Tier wirklich Mund-zu-Mund-Beatmung gegeben?“

Klasse. Nichts war heißer, als mit einem gepanzerten Säugetier geknutscht zu haben. Aber hätte ich das arme Tier einfach sterben lassen sollen? „Könnten wir einfach wieder auf den Sex zu sprechen kommen? Meine Tierliebe tut jetzt wirklich nichts zur Sache.“ Tief atmete ich durch. „Wollen Sie nun mit mir schlafen, oder nicht?“

KAPITEL 2

DEAN

Fuck, die Lady war vollkommen durchgeknallt.

Weiterlesen?